11.03.2011

Mes qué una ciudat – mes qué un club

In eher ungewöhnlich kleiner Formation geht es für das Groundhopping-Team nach Barcelona. Gleich nach der Landung wird eine weitere nicht alltägliche Entscheidung getroffen: es geht mit dem öffentlichen Bus ins Zentrum der Metropole im Nordosten der iberischen Halbinsel – viele weitere Besonderheiten sollen folgen. Nach dem Check-In im Hotel geht es erstmals auf Erkundungstour.

Zugegeben ist ein Teil der Kleingruppe bereits erfahrener Besucher dieser Stadt, die Flaniermeile La Rambla bietet aber dennoch ständige Abwechslung für Auge und Ohr und verlangt selbst Stadtkennern einiges an Aufmerksamkeit ab. Das bunte Treiben inkludiert Straßenkünstler, unzählige Shops von denen kaum einer ohne Barca-Devotionalien auskommt, sowie jede Menge Straßenlokale zur Stärkung wenn die Aufnahmefähigkeit schon etwas in Mitleidenschaft gezogen ist.

Nach einem ersten vorsichtigen Shopping-Besuch in der Carrer de la Portaferrissa und anschließendem Erfrischungsgetränk auf der Plaça Reial geht es über die Rambla zum nahe gelegenen Hafen, dessen unzählige Masten und dazugehörige Schiffe ebenso ins Auge stechen wie die allerorts vorhandenen Palmen, das World Trade Center oder das Aquarium. Auch am relativ nahe gelegenen Sandstrand herrscht reges Treiben: hunderte Einheimische ebenso wie Besucher nutzen das schöne Wetter zu einem Picknick oder einfach nur um die Sonne und den Meerblick zu geniessen.

Des Abends geht es in bereits bekannte Gegenden nahe des Hotels, La Catedra und Sense Nom sind während des dreitägigen Besuches stets zuverlässige und rasch lieb gewonnene kleine Lokale mit ebenso aufmerksamer wie freundlicher Bedienung, die uns Zuflucht vor dem teilweise recht kühlen Wind bieten, unsere täglichen Kaffeeration abdecken, über ausgezeichnete Tapas und kühle Getränke verfügen und generell den Aufenthalt noch mehr verschönern als das ohnehin schon der Fall ist. Am ersten Abend verzichtet das Klein-Team trotz Kenntnis örtlicher Gepflogenheiten auf spätnächtliche Exkursionen, was unter Umständen an der für hiesige Verhältnisse recht atemberaubenden Flüssigkeitsmenge zusammenhängen kann, die eine im Gebinde gereichte Einheit Veterano darstellt.

Am Montag geht’s nach teilweise etwas späterem Aufstehen und Rekonvaleszenz mit Hilfe einiger café cortado sowie zweier neuer Sonnenbrillen ans Kulturprogramm – unter anderem führt ein ausgedehnter Spaziergang zur berühmten Sagrada Família, die selbst in umfangreicher Verhüllung von allen Seiten einen atemberaubenden Anblick bietet. Vorbei an der Plaza de Toros Monumental und am mächtigen Busbahnhof geht es zum Arc de Triomf und der dahinter liegenden Promenade zum Parc de la Ciutadella. Auf den Besuch des zoologischen Gartens verzichten wir, dafür werden weitere Einkäufe getätigt und schließlich dürfen die müden Füße in einer irischen Lokalität rasten.

Wir lernen hier neben zwei Norwegern mit denen wir uns auch den Tisch teilen und die uns zahlreiche interessante Gesprächsthemen bescheren, Iren und natürlich Engländern kennen, die nach dem Hinspiel in recht beeindruckender Zahl Ihre Mannschaft nach Barcelona begleitet haben. Ein Australier, der über 30 Stunden Anreisezeit in Kauf genommen hat und ein Israeli, der ernsthaft den Schwarzmarktpreis von €3.000 für ein Ticket in Erwägung zieht –wovon wir ihm nachdrücklich abraten- sind weitere Bestandteile eines abwechslungsreichen Spätnachmittags. Da wir uns aus Gründen der Qualitätssicherung auch hier von der wie gewohnt hohen Qualität irischer Braukunst überzeugen, wird das parallel laufende Premier League-Spiel Blackpool gegen Chelsea zur Nebensache; die Londoner gewinnen letztendlich klar mit 1:3. Den abendlichen Abschluss an Tapas nehmen wir wie am Tag zuvor nahe unserer nächtlichen Bleibe ein, verzichten aber dieses Mal im Hinblick auf den Folgetag verantwortungsvoll auf Brandyexperimente.

Am Dienstag erwacht das Team frühzeitig und widmet sich den noch offenen Erledigungen: Nach dem Erwerb der lokalen Sportzeitung La Marca, Studium der möglichen Aufstellungen und dem obligatorischen Café werden nach einem erstem Kurzbesuch im Camp Nou die benötigten Matchkarten abgeholt – aufgrund des bereits bestätigten Kaufes dürfen wir vorbei an der Schlange der Wartenden und durch die Absperrung direkt zu den Kassen.

Nach zahlreichen weiteren Einkäufen (darunter auch die wohl obligatorische Fankleidung in diversen Formen) und einer Pause im Zentrum geht es zurück ins Hotel zu einer kurzen Sammlung der Kräfte und Vorbereitung der Ausrüstung. Schließlich werden sicherheitshalber noch ein Schal und ein original Barca-Schutzmantel für das während der Tage gut beschützte einzige iPhone der Gruppe erworben und es geht mit dem Taxi ins Camp Nou. Die schier endlos scheinende Anfahrt ist Folge eines wohl üblichen Verkehrskollaps‘, hier wäre die Anreise mit der Metro wohl effizienter gewesen.

Das Spiel selbst verfolgen wir dann in getrennten Sektoren jeweils vom fast höchsten Punkt der Arena – ein in vielerlei Hinsicht einzigartiges Erlebnis. Neben dem Stadion selbst, das aus dieser Höhe einen ebenso schwindelerregenden wie faszinierenden Blick auf das Spielgeschehen ermöglicht, ist vor allem das derzeit wohl einzigartige Spiel des Futbol Club Barcelona ein würdiger Höhepunkt des ohnehin schon reichhaltig mit Besonderheiten versehenen Kurzbesuches. Trotz Vorgaben in der Verteidigung (Piquet, Puyol) werden an diesem Abend 68% Ballbesitz erarbeitet, 10:0 Torschüsse abgegeben und der extrem defensiv spielende Gegner Arsenal London teilweise mit Kurzballstaffetten vom Allerfeinsten vorgeführt. Allein der Treffer zum 1:0 von Messi in der Nachspielzeit der ersten Spielhälfte ist einzigartig und die Reise locker wert; die in der dargebotenen Form wohl derzeit ebenso einzigartig kollektiv-intelligente Spielweise wie auch die künstlerische Leistung einer Gruppe von Fussballern machen sprachlos. Dass das Spiel dennoch teilweise an den Nerven zerrt, liegt am Eigentor zum 1:1. Schließlich sorgen aber weitere Tore von Xavi und Messi (via Elfmeter) für die Entscheidung und den in Summe verdienten Aufstieg ins Viertelfinale. Gänsehaut nach Spielende, als mehr als 95.000 letztmalig an diesem Abend den Cant del Barça anstimmen.

Nach Rückkehr (dieses Mal mit der Metro, was ebenso rasch wie problemlos funktioniert) geht es ein letztes Mal in die lieb gewonnenen Bars, wo wir einen unvergesslichen letzten Abend erleben dürfen: wir lernen eine Barca-verliebte Gruppe Venezuelaner kennen, mit denen gemeinsam über den Club und das Spiel geschwelgt wird, selbst zwei kurz für Tapas eingekehrte Arsenalfans erkennen den Klasseunterschied im Spiel der beiden Mannschaften neidlos an. Schließlich haben wir noch Gelegenheit in einer nicht als solchen erkenntlichen und bereits versperrten Bar als Gäste auf Einladung die letzte Stunde vor unserer Rückkehr zum Hotel zu verbringen, was uns den nahen Abschied noch um Einiges schwerer macht.

Die Abreise erfolgt dann unmittelbar im Anschluss: der am Tag zuvor bereits organisierte Taxifahrer bringt das erschöpfte aber glückliche Team zum Flughafen, wo wir uns schweren Herzens –vorerst- von der Stadt verabschieden. Ein faszinierender Kurzbesuch geht zu Ende, und klar ist: es wird mit Sicherheit nicht das Letzte gewesen sein, was wir von dieser Stadt und diesem Fussballverein gesehen haben werden, denn beide sind viel mehr als nur das.