23.02.2011

Club Brugge vs Lokeren

Ausgestattet mit frischerstandenen, wärmenden Fan-Utensilien macht sich das Groundhopping Team am Samstag Abend auf den Weg zum Spiel Club Brugge vs Lokeren.

Der Taxifahrer ist einigermaßen verdutzt, als wir als Ziel das "Jan Breydelstadion" angeben: österreichische Fans, die sich in Brügge ein Spiel ansehen und dann noch dazu eines von Club Brügge. Absolut unverständlich! Vielleicht liegts ja daran, dass er Anhänger des Lokalrivalen Cercle ist... Richtig erheitern wir ihn dann mit unserer – angesichts fieskalten Regenwetters doch naheliegenden - Frage, ob das Stadion überdacht sei. "Klar hat das Stadion ein Dach!". Das sollte sich später als ebenso richtig, wie wenig hilfreich herausstellen, lagen doch unsere Plätze außerhalb des überdachten Bereichs ... Dafür führt er uns bis zum Stadion-Eingang, den Versuch eines Securities uns zu stoppen, wehrt er mit einem knappen "UEFA!" ab – wir dürfen passieren.

Das Jan Breydelstadion (Kapazität: 30.000) ist mit rund 25.000 Zusehern (by the way: Brügge hat in etwa 120.000 Einwohner) gut gefüllt. Nach kurzer Zeit entwickelt sich eine flotte und interessante Partie des Viert- gegen den Sechstplatzierten.

Club Brugge ist in der ersten Hälfte die stärkere Mannschaft, zeigt phasenweise gutes Kurzpassspiel - auffällig vor allem die schnellen, technisch guten Außenspieler, die ständig die Positionen tauschen. Nach dem 1:0 (27') durch Ivan Perisic hat Brügge vor der Pause noch die eine oder andere Möglichkeit, allerdings bei einem Stangenkopfball von Lokeren auch Glück.

Als Akpala nach Zuspiel von Perisic – der auffälligste Spieler am Platz - für das 2:0 sorgt (52'), scheint die Partie gelaufen zu sein. Doch Lokeren wird mit Fortdauer des Spiels immer stärker, kämpft leidenschaftlich, agiert vor dem Tor allerdings zu umständlich, mitunter auch etwas tolpatschig und kann daher aus einer Reihe von guten Chancen nur einen Treffer erzielen (81' Finnbogason).

Ein Untenschieden hätte es werden sollen, sind wir uns eingig. Aber Wetter und Ergebnis kann man sich als Groundhopper bekanntlich ja nicht aussuchen. Und auch auf die Überdachung hat man nicht immer Einfluss.

Nach dem Spiel machen wir noch kurz Halt im "Brügge-Dorf" und ertragen bei einem Kriek (Kirschbier) tapfer den Musikgeschmack des DJs.

Der Abmarsch vom Stadion ist Marsch im wahrsten Sinne des Wortes – Busse fahren nur bis 20.30 (da hätten wir nicht mal die erste Hälfte sehen können), Taxis weit und breit nicht zu finden. Naja, waren ja nur knapp über 4km, die wir angesichts des lohnenden Ziels (zur Erinnerung nochmal der Werbeslogan: "België het Bierland"!) sportlich angehen.

Resüme unseres Trips: "Brügge sehen ..." zahlt sich allemal aus – eine wunderschöne Stadt, tolle Geschäfte, freundliche Menschen, Schokoladekunst auf höchstem Niveau und last but not least: "België het Bierland"!

Ahja, eine Anekdote sind wir Ihnen, geneigte Leser, noch schuldig: vorgewarnt durch Einheimische ("public transport in Belgium is hell!") planen wir unsere Rückreise nach Brüssel großzügig. Müssen aber – aufgrund des herrschenden Bahnchaos' (wir haben Glück, unser Zug wurde nicht gestrichen, sondern hatte nur ein bißchen über eine Stunde Verspätung) - trotzdem am Flughafen eine kleine Cardio-Einheit einlegen, um unseren Flug noch zu schaffen.

Aber, auch die belgische Bahn kann uns den äußert positiven Eindruck von Brügge und Belgien nicht vermiesen – wir werden sicher mal wiederkommen.





22.02.2011

Brügge sehen und ...

Inspiriert durch den großartigen Film "Brügge sehen... und sterben?" begibt sich das Groundhopping Team auf einen Wochenendtrip nach Westflandern.

Die Anreise ist unproblematisch: von "Zaventem" (Brüsseler Flughafen) geht es mit dem Zug nach Brüssel Nord, von dort in etwas über einer Stunde nach Brügge. Trügerisches Infrastrukturblendwerk, wie wir noch erfahren mussten.

Egal. Die Schönheit Brügges ist trotz Novemberwetters - das angeblich fast ganzjährig herrscht - beeindruckend. Das Viertel rund um die beiden Plätze "Grote Markt" und "Burg" fasziniert durch die vielen Originalbauten aus vergangenen Jahrhunderten.
Gestärkt durch eine Portion "Frietjes" - deren im Reiseführer beworbene Sensationalität sich nicht wirklich offenbart - erklimmt das Groundhopping Team über 366 (one-way!) Stufen den "Belfort", das Wahrzeichen der Stadt.

Aber, Brügge ist nicht nur UNESCO Weltkulturerbe, sondern auch würdiger Wahrheitsbeweis für den Slogan "België het Bierland": allerorts locken Bierlokale mit phänomenaler Vielfalt. Für Sie, geschätzte Leser, besucht und für gut befunden: "Brugs Beertje" (mehr als 300 Sorten) oder die "Bierbrasserie Cambrinus" mit einer Selektion von über 400 Bieren.
Neben (aus Sicht des Wiener Bierfreundes) klassischen Bieren bietet der belgische Bierschatz auch überraschende Geschmacksvarianten wie das weitverbreitete "Kriek" (Kirschbier, durchaus einen Versuch wert), "Mongozo Banana" (eher nur für Unerschrockene) oder Bier mit Kokosnussaroma (nicht probiert). Ähnlich illuster auch die Namensgebung: "Satan Red" (ganz OK), "Judas" (bitter-süß), "Guillotine" (in Maßen genossen nicht tödlich) oder "Gauloises" (nikotinfrei).

Darüber hinaus ist Brügge ein wahres Paradies für Schokoladefans – unzählige Läden präsentieren mundwässernd die zu Recht weltberühmte belgische Schokolade. Eher "naja" die ebenfalls berühmte Brügger Spitze.

Überrascht zeigen sich die liebenswürdigen, humorvollen und sprachgewandten Einwohner von Brügge, wenn wir den Grund für unsere Reise offenbaren: Fußball.

Apropos Fußball: ob das Spiel Club Brügge vs SC Lokern mit der hohen Attraktivität der Stadt Brügge als Reiseziel mithalten konnte, welche Überraschungen die belgische Bahn für das Groundhopping Team bereithielt und was wir sonst noch für berichtenswert halten, erfahren Sie in Kürze an dieser Stelle.






 










18.02.2011

Keine Pracht im Schmuckkästchen

Ein Kurzresümee: Wir sind schon weniger weit gefahren (und haben auch schon weniger für ein Ticket bezahlt), und haben dennoch schon bessere Spiele gesehen… Viel bessere… Denn was Liverpool im hübschen Stadion von Sparta Prag in der Europa League gezeigt hat, war inferior. Vielleicht lag es an der erst sehr kurzen Amtszeit und der daraus resultierenden fehlenden Spielerkenntnis, dass Trainer Kenny Dalglish mit - geschätzt - fünf defensiven zentralen Mittelfeldspielern startete, die Außenbahnen dafür überhaupt nicht besetzte und mit David N’Gog eine Solospitze aufbot, die der Bezeichnung „Spitze“ in keiner Phase des Spiels gerecht wurde.

Das aufreizend lustlose und herausragend konzeptlose Auftreten des englischen Rekordmeisters hatte im Vergleich zu den Spielen der Premier League-Kollegen Tottenham (gegen Milan) und Arsenal (vs. Barcelona) maximal Gebietsliga-Niveau. Dies allein der Abwesenheit des verletzten Steven Gerrad zuzuschreiben – okay, er fehlte tatsächlich an jeder Ecke und an jedem Ende –, wäre wohl zu billig. Von einem englischen Topverein sei in jedem Fall mehr zu erwarten.

Sparta Prag spielte – im Rahmen der Möglichkeiten - im Vergleich dazu erfrischend nach vorne. Mit ansehnlichen Kombinationen, guter Raumaufteilung und eine solider Defensivleistung bot man weit mehr als nur Paroli. Dass es dennoch nur zu einem torlosen Unentschieden reichte, lag an der starken Präsenz der Liverpooler Innenverteidigung, am fehlenden Glück sowie auch an den – wie vorhin erwähnt – begrenzten spielerischen Möglichkeiten der Prager. Dennoch: Ein Sieg für Sparta wäre verdient gewesen. Schon allein als Strafe für die Mannen aus Liverpool.

Das mit gut 17.500 Zusehern ansprechend gefüllte Stadium Letná überzeugte das Team. Ein schöner, enger Ground mit Atmosphäre. Dass im Liverpool Sektor viele Plätze leer blieben, lag wohl weniger an den seherischen Qualitäten der Fans, als an den geschmalzenen Ticketpreisen. 4.000 Tschechische Kronen (knapp 170 EUR) mussten die englischen Supporter für eine Karte bezahlen, so ein Insider. Tickets derselben Kategorie kosteten für Sparta Fans und auch das Groundhopping-Team „nur“ 1.500 Kronen (gut 60 EUR). Dass wir überhaupt Eintritt in das Stadium Letná bekamen, funktionierte nur über „Protektion“. Groundhopper Martin Platzgummers Cousin Filip – ein Tscheche – organisierte uns im Vorverkauf zwei Karten.

Da sind wir schon bei den überaus positiven Facetten unseres Ausfluges nach Prag. Die Anreise mit dem Auto klappte reibungslos… Bis auf eine 30-minütige Bastelstunde an einer Tankstelle in Wien (Vignettenentfernung zur Anbringung einer neuen an derselben Stelle mit wenig tauglichen und passenden Hilfsmitteln wie Einwegrasierer, Kinderhaarspange sowie Kombinationszange) .

In Prag angekommen bezogen wir im Haus von Martins Mutter jeweils eine Wohnung. Meine hatte zwei Zimmer, Küche, Bad, WC… Mehr als man für eine Nacht benötigt. Die Lage ist genial – 5 Minuten vom Hauptbahnhof zu Fuß, 10 Minuten vom Wenzelsplatz (historisch bekannt geworden durch Jan Palachs Selbstverbrennung im Jänner 1969 im Zuge von Protesten gegen das Vorgehen der Russen während der Niederschlagung des Prager Frühlings. Auch die Altstadt ist bequem per Pedes zu erreichen – vor allem weil es in diese Richtung fast durchwegs bergab geht. Zu Prag an sich muss man nicht viel sagen. Es ist wohl die historisch schönste Stadt in Europa. Und geschätzter Leser: Das aus der Feder eines Wieners zu lesen, ist ein kaum zu überbietendes Kompliment.

Den verpassten Kaffee holten wir bei Martins Mutter nach. Herausragend waren die Kolatschen, gefüllt mit Povidl Marmelade oder mit Topfen… Keine Raststation könnte das so bieten. Gemütlich gingen wir dann den Abend an: Spaziergang in die Stadt, kurze touristische Runde, danach Abendessen und Spielvorbereitung mit Tschechischen Bier. Martins Sprach- und Ortskenntnisse halfen uns sehr dabei, in keine touristische Falle zu tappen. Ein 20-Minuten-Spaziergang (über die Moldau und durch einen Park, wo einst kommunistische Machtsymbole über der Stadt thronten. Anstelle dieser steht heute ein überdimensionales Metronom, das an die Veränderungen, die die Zeit so mit sich bringt, aufmerksam machen soll) führte uns dann zum Letná. Das Spiel – siehe oben – konnte mit den Rahmenbedingungen qualitativ leider nicht mithalten. Dennoch:

Wie vor dem Spiel das Spiel vorbesprochen wird, muss danach das Spiel nachbesprochen werden… So suchten wir uns – in unmittelbarer Umgebung unseres Quartiers eine Bar und ließen den Abend mit Analysegesprächen, die jedoch unsere Fragezeichen ob der unverständlichen Taktik der Liverpooler nicht ausräumen konnten, ausklingen. Sei’s drum. Gemütlich war es allemal.

Das Frühstück bei Mama Vladimira war noch besser, den Kolatschen wurde Prager Schinken vorgereicht, dazu Nespresso und lockere Gespräche. Sehr lecker und ebenso gemütlich. Zu allem Überfluss machten sich noch eine Reihe der süßen Versuchungen in einem Doggy-Bag mit mir auf die Reise nach Wien.

Anmerkung: Ob des angenehmen und gelungenen Aufenthalts im Hause Platzgummer und unserer touristischen „Verantwortung“, „arbeiten“ wir an dem Projekt „Ferienwohnung in Prag“. Vielleicht sind die Wohnungen ja bald auch für einen netten Wochenendausflug zu mieten. Wir halten Sie auf dem Laufenden…

Ob Jicter Dieter heißt ist nicht überliefert...