18.02.2011

Keine Pracht im Schmuckkästchen

Ein Kurzresümee: Wir sind schon weniger weit gefahren (und haben auch schon weniger für ein Ticket bezahlt), und haben dennoch schon bessere Spiele gesehen… Viel bessere… Denn was Liverpool im hübschen Stadion von Sparta Prag in der Europa League gezeigt hat, war inferior. Vielleicht lag es an der erst sehr kurzen Amtszeit und der daraus resultierenden fehlenden Spielerkenntnis, dass Trainer Kenny Dalglish mit - geschätzt - fünf defensiven zentralen Mittelfeldspielern startete, die Außenbahnen dafür überhaupt nicht besetzte und mit David N’Gog eine Solospitze aufbot, die der Bezeichnung „Spitze“ in keiner Phase des Spiels gerecht wurde.

Das aufreizend lustlose und herausragend konzeptlose Auftreten des englischen Rekordmeisters hatte im Vergleich zu den Spielen der Premier League-Kollegen Tottenham (gegen Milan) und Arsenal (vs. Barcelona) maximal Gebietsliga-Niveau. Dies allein der Abwesenheit des verletzten Steven Gerrad zuzuschreiben – okay, er fehlte tatsächlich an jeder Ecke und an jedem Ende –, wäre wohl zu billig. Von einem englischen Topverein sei in jedem Fall mehr zu erwarten.

Sparta Prag spielte – im Rahmen der Möglichkeiten - im Vergleich dazu erfrischend nach vorne. Mit ansehnlichen Kombinationen, guter Raumaufteilung und eine solider Defensivleistung bot man weit mehr als nur Paroli. Dass es dennoch nur zu einem torlosen Unentschieden reichte, lag an der starken Präsenz der Liverpooler Innenverteidigung, am fehlenden Glück sowie auch an den – wie vorhin erwähnt – begrenzten spielerischen Möglichkeiten der Prager. Dennoch: Ein Sieg für Sparta wäre verdient gewesen. Schon allein als Strafe für die Mannen aus Liverpool.

Das mit gut 17.500 Zusehern ansprechend gefüllte Stadium Letná überzeugte das Team. Ein schöner, enger Ground mit Atmosphäre. Dass im Liverpool Sektor viele Plätze leer blieben, lag wohl weniger an den seherischen Qualitäten der Fans, als an den geschmalzenen Ticketpreisen. 4.000 Tschechische Kronen (knapp 170 EUR) mussten die englischen Supporter für eine Karte bezahlen, so ein Insider. Tickets derselben Kategorie kosteten für Sparta Fans und auch das Groundhopping-Team „nur“ 1.500 Kronen (gut 60 EUR). Dass wir überhaupt Eintritt in das Stadium Letná bekamen, funktionierte nur über „Protektion“. Groundhopper Martin Platzgummers Cousin Filip – ein Tscheche – organisierte uns im Vorverkauf zwei Karten.

Da sind wir schon bei den überaus positiven Facetten unseres Ausfluges nach Prag. Die Anreise mit dem Auto klappte reibungslos… Bis auf eine 30-minütige Bastelstunde an einer Tankstelle in Wien (Vignettenentfernung zur Anbringung einer neuen an derselben Stelle mit wenig tauglichen und passenden Hilfsmitteln wie Einwegrasierer, Kinderhaarspange sowie Kombinationszange) .

In Prag angekommen bezogen wir im Haus von Martins Mutter jeweils eine Wohnung. Meine hatte zwei Zimmer, Küche, Bad, WC… Mehr als man für eine Nacht benötigt. Die Lage ist genial – 5 Minuten vom Hauptbahnhof zu Fuß, 10 Minuten vom Wenzelsplatz (historisch bekannt geworden durch Jan Palachs Selbstverbrennung im Jänner 1969 im Zuge von Protesten gegen das Vorgehen der Russen während der Niederschlagung des Prager Frühlings. Auch die Altstadt ist bequem per Pedes zu erreichen – vor allem weil es in diese Richtung fast durchwegs bergab geht. Zu Prag an sich muss man nicht viel sagen. Es ist wohl die historisch schönste Stadt in Europa. Und geschätzter Leser: Das aus der Feder eines Wieners zu lesen, ist ein kaum zu überbietendes Kompliment.

Den verpassten Kaffee holten wir bei Martins Mutter nach. Herausragend waren die Kolatschen, gefüllt mit Povidl Marmelade oder mit Topfen… Keine Raststation könnte das so bieten. Gemütlich gingen wir dann den Abend an: Spaziergang in die Stadt, kurze touristische Runde, danach Abendessen und Spielvorbereitung mit Tschechischen Bier. Martins Sprach- und Ortskenntnisse halfen uns sehr dabei, in keine touristische Falle zu tappen. Ein 20-Minuten-Spaziergang (über die Moldau und durch einen Park, wo einst kommunistische Machtsymbole über der Stadt thronten. Anstelle dieser steht heute ein überdimensionales Metronom, das an die Veränderungen, die die Zeit so mit sich bringt, aufmerksam machen soll) führte uns dann zum Letná. Das Spiel – siehe oben – konnte mit den Rahmenbedingungen qualitativ leider nicht mithalten. Dennoch:

Wie vor dem Spiel das Spiel vorbesprochen wird, muss danach das Spiel nachbesprochen werden… So suchten wir uns – in unmittelbarer Umgebung unseres Quartiers eine Bar und ließen den Abend mit Analysegesprächen, die jedoch unsere Fragezeichen ob der unverständlichen Taktik der Liverpooler nicht ausräumen konnten, ausklingen. Sei’s drum. Gemütlich war es allemal.

Das Frühstück bei Mama Vladimira war noch besser, den Kolatschen wurde Prager Schinken vorgereicht, dazu Nespresso und lockere Gespräche. Sehr lecker und ebenso gemütlich. Zu allem Überfluss machten sich noch eine Reihe der süßen Versuchungen in einem Doggy-Bag mit mir auf die Reise nach Wien.

Anmerkung: Ob des angenehmen und gelungenen Aufenthalts im Hause Platzgummer und unserer touristischen „Verantwortung“, „arbeiten“ wir an dem Projekt „Ferienwohnung in Prag“. Vielleicht sind die Wohnungen ja bald auch für einen netten Wochenendausflug zu mieten. Wir halten Sie auf dem Laufenden…

Ob Jicter Dieter heißt ist nicht überliefert... 














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